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Lebensmittelmarkt Neckarweihingen

WETTBEWERB

Standort Neckarweihingen
Bauherr Edeka Handelsgesellschaft Südwest mbH
Fläche ca. 2.000 m²
Zeitraum 2013

Konzept. Die besondere Qualität des neuen Planungsstandortes „Neckarterrasse“ und demzufolge auch der privilegierte Standort des neuen Lebensmittelvollsortimentsmarktes liegt in der besonderen landschaftlichen Situation. Die Topographiesprache der Architektur wurde aus dem Landschaftsbild heraus entwickelt und zeigt eine große ökologische Vielfalt. Aus diesem Grund ist uns der sanfte kontinuierliche Übergang des Volumens in die freie Landschaft des Neckartals wichtig.

Die Bebauungskante an der Landesstrasse L 1100, die sich darüber hinaus in das Neckartal entwickelt, definiert den Übergang von Stadtquartier und Landschaft als Zwischenraum. Die stadträumliche Qualität wird durch die klare Form und Positionierung des Gebäudes gestärkt und offen thematisiert. Die im Gestaltungskonzept „Neckarterrasse“ zum Bebauungsplan festgelegten Parameter wollen wir auch mit dem neuen Lebensmittelvollsortimentsmarkt berücksichtigen und umsetzen. Der konzeptionelle Ansatz unserer Planung ist, die Identität des Stadtteils gemeinsam durch die Korrespondenz der Wohnbebauung, dem Lebensmittelvollsortimentsmarkt und dem filigranen Brückenuntereinander, in die benachbarte landschaftliche Situation des Neckartals des aussichtsprägenden Weinberges und der Obstbaumreihen einzubinden.

Architektonisch wollen wir durch ein flach in Erscheinung tretendes Gebäude und die hölzerne, nachhaltige, CO2-bindende Ausführung der Haupt-Tragkonstruktion den Charakter eines zukunftsweisenden Lebensmittelmarktes mit dem neu entstehenden Stadtteil in den Neckarterrassen vernetzen. Mit einer umweltfreundlichen Energieversorgung, unter anderem durch den Anschluss an das Nahwärmenetz, und der Nutzung neuer Technologien wird der Lebensmittelvollsortimentsmarkt auch energetisch zukunftsorientiert aufgestellt.

Sämtliche lärmemittierende Bauelemente des Marktes (wie z.B. Technikfläche und Gaskühler) sind in Richtung Landesstraße L1100 angeordnet. Sie werden nahezu unsichtbar für den Kunden und Betrachter eingefügt und tragen somit zu einem positiven Gesamteindruck bei. Der anfallende Erdaushub findet direkt auf dem Grundstück Verwendung und sorgt mitsamt dem Gebäude für eine Lärmminderung der bestehenden L 1100 im Hinblick auf die geplante Wohnbebauung.

Erschließung. Das urbane Umfeld ist fußläufig aus unterschiedlichen Richtungen direkt an den Lebensmittelvollsortimentsmarkt angeschlossen. Die Zufahrt der Kunden wird über die Straße „Weinbergblick“ nahezu mittig aus südöstlicher Richtung zu den 71 Stellplätzen abgewickelt. Sieben Meter breite, kundenfreundliche Fahrgassen und 2,70 m breite Stellplätze ermöglichen eine sichere und komfortable Nutzung.

Die Warenanlieferung ist strikt vom fußläufigen Verkehr getrennt, welches die Gefährdung von Kunden und Anwohnern durch LKW-Verkehr ausschließt. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist sie an der südwestlichen Gebäudeseite angeordnet. Südöstlich wird der LKW vor der Fassade in die baulich eingefasste Anlieferung zurückstoßen, ohne die Weinbergblick Straße zu tangieren. Fußläufige Anbindungen des Lebensmittelmarktes sind sowohl südöstlich direkt von der Wohnbebauung und nordöstlich in Nähe der Fußgängerbrücke geplant.

Die direkte fußläufige Erschließung von der gegenüberliegenden Wohnbebauung orientiert sich an dem überdachten Freibereich vor dem Backshop, der zum Verweilen einlädt. Die Erschließung ist bewusst kundenfreundlich um die fußläufige Erschließung vom Fahrverkehr zu trennen. Die Außenanlagen und Parkierungsflächen werden benutzerfreundlich und einladend erstellt.

Der großzügig überdachte Eingangsbereich definiert einen neuen öffentlichen Raum mit vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung, mit einer hohen Aufenthaltsqualität.Die Stellplätze werden in einem versickerungsfähigen Pflasterbelag ausgeführt.Die Parkplatzbeläge werden farblich auf das Gesamtgebäude abgestimmt. Die Einkaufswagen erhalten lärmarme Rollen, um die Lärmemissionen auf die gegenüberliegende Wohnbebauung gering zu halten. Mit dem Ziel der Verbesserung und Stärkung der E-Mobilität, werden Ladestationen für E-Bikes und/oder Elektroautos werden benutzerfreundlich platziert.

Bepflanzung. Heimische Laubgehölze werden in die Parkplatzsituation und um das Gebäude herum integriert. Die pflegearme Bepflanzung trägt maßgeblich dazu bei, den öffentlichen Raum zu gliedern und atmosphärisch zu ordnen. Das im Außenraum stattfindende Leben wird durch die Bepflanzung dynamisiert und animiert.

Die optische Aufwertung trägt wesentlich zum Ambiente und der positiven Wahrnehmung der Gesamtanlage bei. Das natürliche Mikroklima wird durch die Bäume messbar verbessert, die Bäume haben aktiven Anteil an der Feinstaubbindung auf den Parkflächen. Der Schall wird gedämpft. Als Baumpflanzungen sind die Kornelkirsche mas. und die Felsenbirne, Amelanchier lamarckii,geplant, welche im Frühjahr schöne Blütenbilder zeigen. Als mittelgroßer Baum ist der Feldahorn, Acer cepestre Elsrijk, sowie die Hainbuche, Carpinus
betulus Fastigiata, vorgesehen. Als Großbaum ist die Winterlinde, Tillia cordata Erecta, beispielsweise als Einzelbaum oder als begrenzendes raumbildendes Element geeignet. Die vorhandene Böschung wird mit Weinreben weiter ausgebaut, die den fließenden Übergang zum neuen Gründach schaffen.

Dach. Das Flachdach wird in extensiver Begrünung mit Sukkulenten, Gräsern und Wildkräutern bepflanzt. Die große Retensionsfläche verzögert und reduziert den Wasserabfluss. Diese Dachbegrünung hat eine messbare luftreinigende Wirkung, durch Staub- und Schadstoffbindung. Das Gründach beeinflusst insbesondere den Tagesgang der Temperaturen begünstigend, und die hohe Aufheizung in den Tagesmitten des Sommers abmildern.

Untersuchungen zeigen, dass sowohl im Sommer als auch im Winter Energieeinsparungen zu erwarten sind. Dies geschieht auch durch Wasserverdunstung an der Oberfläche der Pflanzen, die eine Verdunstungskälte freisetzen. Das Gründach schützt nachhaltig die Abdichtung des Daches vor Witterungseinflüssen, wie beispielsweise Eis, Hagel und UV-Strahlung, und schafft ein angenehmes Raumklima im Innern des Lebensmittelmarktes.

Die „fünfte“ Fassade wird darüber hinaus vom gegenüberliegenden Weinberg erlebbar, in die Landschaft eingebunden und als fließenden Übergang zur Bebauung wahrgenommen. Zum nachhaltigen Ansatz der Wasserbindung und natürlichen Verdunstung wird durch die gewählte Konstruktion eine zusätzliche Abschirmung des Verkehrslärms der Landesstrasse L 1100 auftreffend auf die Wohnbebauung der „Neckarterrasse“, erreicht.

Wand und Boden. Die Gebäudehülle wird durch Wandbereichen ergänzt, die den Energieverbrauch für die Kühlung möglichst gering halten und somit das angenehme Innenraumlima sicherstellen. Massive Bauteile sind ein wesentliches Element des sommerlichen Wärmeschutzes. Diese nehmen die Wärme tagsüber auf und geben sie zeitversetzt in den kühlen Nachtstunden wieder ab. In unserem Vorschlag sehen wir ebenfalls den Betonboden gegen Erdreich (Speichermedium) als aktives Bauteil, welches über die Nachstunden im Sommer auskühlt. Als weiterer positiver Effekt wird sich hier der Entfall der Dämmung gegen das Erdreich einstellen.

Lichtdurchflutete Bereiche tragen zum angenehmen Befinden der Kunden und Beschäftigten bei, beispielsweise wird im Kassenbereich eine Glasfassade in Pfosten-Riegelbauweise Tageslicht ins Gebäude führen. So wird natürliches Tageslicht zur Belichtung genutzt. Lichtempfindliche Sensoren ermitteln die Helligkeit im Lebensmittelvollsortimentsmarkt
und ergänzen diese bei Bedarf durch zusätzliche LEDBeleuchtung. Der Baukörper ist dreiseitig, teils bis auf Bodenhöhe verglast. Der konstruktive feststehende Sonnenschutz, der Glasfassade vorgelagert, wirkt der Überhitzung süd- und ostseitig entgegen.

Ökologische und energetische Besonderheiten, Kühlen und Heizen. Das Gebäude wird wie von der Stadt Ludwigsburg angedacht an die Nahwärmeversorgung angeschlossen. Unser Ziel ist der völlige Verzicht auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Die Kühlung, beziehungsweise Klimatisierung des Marktes, soll über eine noch technisch zu prüfende Geothermieanlage erfolgen.

Im Innenraum wird die Minderung des Energieaufwandes durch teilweise verglaste, geschlossene Kühlmöbel begünstigt. In einem geschlossenen Kreislauf mit einem Plus-Minus Verbund wird der benötigte Kältebedarf für alle Kühlstellen zentral erzeugt und zur Verfügung gestellt. Mit dem natürlichen Kältemittel CO2 werden alle Kühlstellen mit einem natürlichen Kältemittel versorgt und der Einsatz umweltschädlicher FCKW-Kältemittel wird dadurch vermieden.

Zudem wird durch den geschlossenen Kälteverbund die Wärmelast im Verkaufsraum reduziert, da die Kältemaschinen in einem separaten Raum aufgestellt sind. Die zur Kälte-Erzeugung aufgewendete Energie (Wärme) wird zentralseitig mit Hilfe einer Wärmerückgewinnung bis zu 90% in Warmwasser bzw. Wärme für die Lüftungsanlage verwendet. Natürliches Licht im Innenbereich reduziert den Anteil an künstlichem Licht. Als Leuchtmittel wird LED sowohl im Innenbereich als auch im Außenbereich und auf der Parkplatzanlage zum Einsatz kommen. Vorteile: Geringerer Stromverbrauch, weniger Wärmeabgabe, beste Insektenverträglichkeit. Der Gesamtverbrauch Strom des Lebensmittelmarktes wird bei ca.100 kW und einer Anschlussleistung von ca. 160 kW liegen.

Eine Photovoltaikanlage zur Produktion von Strom ist aufgrund der geringen Heizlast des Lebensmittelmarktes und aus konzeptionellen Gründen nicht vorgesehen, kann aber nachgerüstet werden. Die CO2-Bindung durch das Innenraum-bildende Holztragwerk aus heimischen Wäldern, schützt unser Klima nachhaltig. Die Speicherung von Kohlenstoff im Wald, und im verbauten Rohstoff Holz ist klimapolitisch nachhaltig. Das Ziel des vorliegenden Entwurfes ist es, im Vergleich zu konventionellen Lebensmittelmärkten, durch den Einsatz von Geothermie, mindestens 30% Energie für Kälteleistung einzusparen. Die Gaskühler/Verflüssiger werden im Bereich der Technikfläche nahezu unsichtbar für den Betrachter untergebracht. Eine Beeinflussung der geplanten Wohnbebauung kann somit optisch wie lärmtechnisch ausgeschlossen werden.

Architekturbüro Müller + Huber - Mediathek Oberkirch
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